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Kolumne

Was Bigfoot (nicht) ist

10.01.2013 | 01:00 Uhr | von Trineas
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Seite 1 | 18 Kommentare
   
Seit Valve offiziell bekannt gegeben hat, in den Hardwaremarkt einzusteigen (und auch bereits davor), veranstalten viele Medien einen in meinen Augen völlig überzogenen Hype dazu. Zurück bleibt vor allem eines: Verwirrte Leser. Valve selbst hat momentan noch kein großes Interesse daran, allzu viele Details zum Projekt Bigfoot preiszugeben, weshalb eine Aufklärung anhand von echten Fakten schwerfällt.

Da wir trotzdem für etwas Entwirrung sorgen möchten, versuche ich mit meiner eigenen Einschätzung, basierend auf Aussagen von Valve plus jahrelanger intensiver Erfahrung mit dem Unternehmen, ein paar Fragen zu klären. Es handelt sich um einen Meinungsbeitrag und obwohl ich versuche die Dinge realistisch und sachlich zu betrachten, gibt es natürlich keinen Anspruch auf Richtigkeit aller Punkte. Anfangen möchte ich mit dem Wichtigsten:

 1. Es ist keine Konsole. Es ist keine proprietäre Plattform wie wir sie von Microsoft, Sony oder Nintendo kennen. Das impliziert folgendes:

 2. Die Hardware wird zum Selbstkostenpreis oder mit kleinem Gewinn verkauft, sie wird keinesfalls von Valve subventioniert werden, wie es etwa bei der Xbox 360 oder Playstation 3 üblich war. Bigfoot wird deshalb teurer als die Next-Gen-Konsolen sein, da Gaming-Hardware eben einen gewissen Preis hat. Warum?

 3. Bigfoot wird nicht die typische Konsolen-Geschäftspraktik nutzen, bei der die Plattformbetreiber mit der Hardware Verlust machen, diesen aber mit Gewinn durch einen Aufschlag auf die Spiele wieder wett machen. Es gibt bei PC-Spielen keinen solchen Aufschlag, er wäre nicht durchsetzbar. Schon gar nicht wenn viele ihre Games erst im Zuge von Sales für wenige Euro kaufen. Da würde schlicht und einfach zu wenig Geld rausspringen, um so ein Finanzierungsmodell durchführen zu können.

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 4. Es wird keine Exklusivspiele geben. Nein, Half-Life 3 erscheint nicht nur für die Valve-Hardware. Auch nicht temporär. Das Ziel von Valve ist, dass man seine Spiele überall spielen kann, wo man Internet hat. Entsprechend werden auch alle bereits gekauften Spiele auf Bigfoot funktionieren, vorausgesetzt sie erfüllen die Systemanforderungen. Eine besonders entscheidende ist dabei das Betriebssystem.

 5. Wie bereits bestätigt, nutzt Valve für Bigfoot Linux. Das hat drei wesentliche Gründe: A) Valve sieht Microsoft auf dem Weg, aus Windows ein geschlossenes System zu machen, man setzt deshalb auf ein offenes. B) Linux ist kostenlos, Windows würde den Preis noch erhöhen. C) Windows wäre eine zusätzliche Ebene zwischen Valve und dem Spieler, bei dem ein Drittanbieter direkten Einfluss hätte. Da es am Ende trotzdem ein ganz normaler Computer ist, kann der Nutzer natürlich auch Windows darauf installieren.

 6. Viele Spiele unterstützen kein Linux und werden deshalb nicht auf Bigfoot funktionieren. Valve wird deshalb versuchen, Entwickler davon zu überzeugen, Linux-Versionen von künftigen und bereits veröffentlichten Games anzubieten. Eine Garantie, dass diese dem Aufruf folgen, gibt es nicht.

 7. Deshalb wird es auch keinen großen Release inklusive Marketing-Spektakel, wie etwa bei einem Konsolen-Launch, geben. Valve wird genauso vorgehen wie etwa bei Steam selbst: Man veröffentlicht etwas, sucht Feedback und verbessert es, während es langsam wächst. Early Adopter werden deshalb relativ wenige Spiele zur Auswahl haben und manche Seiten, die die Hardware nun eher als Konsole einordnen, könnten dazu verleitet werden, sie deshalb zu diesem Zeitpunkt bereits als Flop abzutun.

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 8. Du, lieber Leser, bist mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit nicht die Zielgruppe für Bigfoot. Du hast längst deinen Gaming-PC, vielleicht hast du ihn sogar selbst zusammengebaut oder irgendwann einmal aufgerüstet. Außerdem nutzt du bereits Steam. Valve hat dich längst als Kunden gewonnen. Bigfoot soll Leute erreichen, die noch keine typischen PC-Spieler sind und diese dazu bringen, Steam zu nutzen.

 9. Entsprechend ist es Valve auch egal, ob du also weiterhin bei deinem High-End-PC bleibst, oder deinen Laptop nutzt oder vielleicht einen ähnlichen HTPC von einem anderen Anbieter kaufst. Genau deshalb versucht Valve auch andere Hersteller dazu zu bringen, Geräte für den Wohnzimmer-Markt zu produzieren. So lange damit Steam benutzt wird, ist Valve glücklich.

 10. Es ist gut möglich, dass wir noch länger auf diese Hardware warten müssen als viele denken und der aktuelle Hype verspricht. Genau weil Bigfoot keine Konsole ist und ohnehin nur einen langsamen Start hinlegen wird, ist es auch nicht wichtig, noch vor den Next-Generation-Konsolen verfügbar zu sein. Oder anders gesagt: 2014 ist wesentlich wahrscheinlicher als 2013.

Die nächsten Monate wird Valve vor allem eines tun: Andere Entwickler davon überzeugen, in Zukunft auch für Linux zu entwickeln. Bisher gibt es schon einige Spiele (vor allem Indie-Games) und es werden auch noch einige mehr werden. Aber seien wir ehrlich, wenn nicht auch populäre AAA-Games wie Call of Duty, Assassin's Creed oder GTA darauf laufen, wird Bigfoot niemals eine ernste Konkurrenz zu den Konsolen im Wohnzimmer darstellen.

Hardware-Konfiguration, Design, Preis, das ist alles zweitrangig, entscheidend wird sein, ob sich andere namhafte Entwickler am Linux-Abenteuer beteiligen oder anders formuliert: Ob sie Valve vertrauen, erneut den richtigen Riecher zu haben und eine maßgebliche Veränderung im Entertainment-Markt korrekt vorhersehen. Bei Steam selbst hat es damals mehrere Jahre gedauert, bis die ersten Drittanbieter von der Idee überzeugt waren und aufgesprungen sind. Damit steht oder fällt Bigfoot und es entscheidet sich, ob der PC tatsächlich einen Platz im Wohnzimmer hat oder ob dieser für absehbare Zeit weiterhin allein den Konsolen gehört.
   
 
   
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